Eine Postkarte aus der Zukunft
Ich steige aus dem Zug und habe nur wenige Schritte bis zu meinem Zuhause. Dabei überquere ich den Dorfplatz und mache einen Abstecher in dem gemeinschaftsgetragenen Unverpackt-Dorfladen, der mit einem möglichst regionalem und nachhaltigen Angebot aufwartet und wo auch der Ernteanteil meines Gemüseabos bereitsteht.
Zuhause verräume ich die Einkäufe und strecke erst einmal die Beine aus. Ich habe mich für eine verhältnismässig kleine Wohnung entschieden. Ich halte mich sowieso häufig draussen oder in den Gemeinschaftsräumen auf und freue mich über die dort möglichen Begegnungen oder verbringe Zeit mit Freunden, die auch in unserer ökologischen Siedlung, respektive in unserem »Zukunftsdorf« wohnen. Heute habe ich mich für das Nachtessen so eingetragen, dass ich es fertig verpackt in Mehrweggeschirr mitnehmen kann. Voller Vorfreude spaziere ich schon die wenigen Minuten zum naheliegenden See, vorbei am Gemeinschaftsgarten. Am See geniesse ich das Essen und den Sonnenuntergang.
Ich hätte aber auch dort essen können. In einem Holzcontainer befindet sich ein einfacher Gastronomiebetrieb. Es geht darum die Naherholungszonen in der Nachbarschaft so attraktiv zu machen, dass die Menschen weniger Kilometer zurücklegen in ihrer Freizeit. Dies wurde mit zunehmender Elektromobilität zwar immer weniger zum Problem. Während der Phase, wo wir aber alle den Gürtel enger schnallen mussten, haben wir aber wieder mehr das Soziale entdeckt. So entstanden Netzwerke, die wir heute nicht mehr missen möchten.

Das Leben im Zukunftsdorf
Durch einzelne Projekte wurden Beispiele dafür geschaffen, wie eine nachhaltige zukunftsfähige Gesellschaft aussieht. Diese Zukunftsprojekte nahmen die Zukunft vorweg. Nachhaltigkeits- und Umweltprojekte hatten ja lange ein schlechtes Image und wurden nicht mit einem besseren Leben in Verbindung gebracht.
Im »Dorf der Zukunft« soll Wohnraum für verschiedene Ansprüche entstehen. Dadurch werden unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Eine gute Durchmischung ist für eine positive Entwicklung der Gemeinde Egnach unabdingbar.
Die Bauweise der Zukunft wird unserer Meinung nach vermutlich weitgehend mit Naturmaterialien wie Holz, Stroh, Hanf und Lehm (Low Tech) sein. An Universitäten und Hochschulen wird bereits heute dazu geforscht. Aktuell ist die Entwicklung aber noch nicht so weit, dass dies in dem Massstab angewandt werden kann, wie es für unser Projekt notwendig wäre.

Die Energieversorgung wird durch PV-Anlagen und vermutlich einem Seekraftwerk sichergestellt.
Weiter soll nicht nur Wohnraum, sondern auch Gewerberaum entstehen. So wird die Möglichkeit geschaffen, am gleichen Ort zu arbeiten und zu wohnen. Dies ist nicht nur für Vertreter:innen der Kreativwirtschaft und Selbständige interessant. Es zeigt sich gerade, dass dauerhafte Anwesenheit im Büro keine Voraussetzung für eine gute Kultur der Zusammenarbeit in einer Firma ist. Viele Firmen denken aktuell um und reduzieren ihre Büroflächen. Das Zukunftsdorf wartet darum mit einem Coworking-Space, Atelierräumen und Werkstätten auf. Natürlich gehören zu einem funktionierenden, beispielhaften Zukunftsdorf auch z. B. Handwerker:innen, Sozialarbeiter:innen oder Pädagog:innen. Der Aussenraum hat eine hohe Aufenthaltsqualität, verfügt über sogenannte Aneignungsflächen (Gemeinschaftsgärten, Permakultur) und fördert die Biodiversität.
Unser Projekt ist nicht nur durch seine Grösse einzigartig, sondern auch, weil mit der Schaffung eines Dorfplatzes das neue Zentrum für Egnach definiert wird. Dabei legen wir grossen Wert auf den Nutzen für die bereits ansässigen Egnacher:innen. Durch einen Beteiligungsprozess schaffen wir ein Zukunftsprojekt mit Modellcharakter.
In der Umsetzung nimmt die Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und das Gewerbe eine wichtige Rolle ein. Wohnen und Arbeiten am gleichen Ort mit optimaler Infrastruktur soll möglich werden. Sozialen Aspekten kommt eine hohe Gewichtung zu. Ein Fokus liegt auf (teil-)gemeinschaftlichem Wohnen in überschaubaren Einheiten und auf neuen Familienmodellen. Wir wollen dem Gesellschaftswandel Rechnung tragen.

Gemeinschaftsgetragene Aktivitäten (Gemeinschaftsräume, Lebensmittelladen, Gemüsekooperative, etc.) werden für Lebensqualität sorgen. Ein partizipativer Prozess wird dorthin führen, bei dem die zukünftigen Bewohner:innen sich aktiv einbringen können. Auch haben wir in der Startphase eine Umfrage durchgeführt.
Neun Prioritäten

Diese Prioritäten haben wir ganz am Anfang des Projektes erstellt. Vieles davon wird erfüllt werden können. An einigen Zielsetzungen werden wir dranbleiben, weil diese von der Beteiligung abhängig sind (z.B. Gewerbenutzungen und Gemeinschaftsräume). In einer ersten Bauetappe werden wir noch keine Cluster-Wohnungen erstellen. Dies ist nur mit Menschen möglich, die sich dafür entscheiden und sich entsprechend organisieren. Dazu laden wir ab Herbst 2022 ein über die Beteiligung. Der Prozess der Selbstorganisation braucht etwas Zeit. Und auf einige Dinge werden wir verzichten müssen, da wir wollen, dass die Wohnungen erschwinglich sind. Eine neue Webseite wird aufzeigen, wie es sich auf dem ersten Areal leben wird, das im Sinne des Zukunftsdorfs erstellt wird.
All dies könnte ein Zukunftsdorf bieten. Das meiste davon werden wir umsetzen können:

Die Architektur
Das Zukunftsdorf soll einzigartig sein! Durch die Architektur, die Aussenraumgestaltung und Kunst im öffentlichen Raum soll ein sehr hoher Wiedererkennungswert geschaffen werden. Dies unterstützt die Vermarktung und schafft Identität. Das Zukunftsdorf könnte architektonisch folgende Merkmale aufweisen. Ein Teil davon wird partizipativ entstehen.
- Hohe Aufenthaltsqualität der Aussenräume
- Dorfplatz: Wiedererkennungswert, Kunst im öffentlichen Raum
- Dom, Kuppelbau, Baumhäuser, Weidendom, Tanzlinde
- Moderne, vielleicht gar futuristische, und zugleich leicht wirkende Architektur
- Beleuchtung mit innovativem Lichtdesign (mit Dimmern, die durch Bewegungsmelder ein bisschen wie von Zauberhand an- und ausgehen)

Hier: Tanzlinde in Pesten (D)Foto: Pesten Benreis (unsplash)
Der Prozess
- Sensibilisierung der Bevölkerung für das Potential der Entwicklung rund um den Bahnhof Egnach.
- Das Leuchtturmprojekt prägt eine positive Entwicklung von Egnach mit. Sowohl Egnacher:innen wie auch Zuzüger:innen sollen im Zukunftsdorf wohnen wollen.
- Organisation von an einer positiven Entwicklung interessierten Personen in einer Interessensgemeinschaft, respektive einem Verein.
- Finden einer der Grösse des Projektes entsprechenden Gruppe von zukünftigen Bewohner:innen, die ein nachhaltiges Projekt an dieser Lage überhaupt erst möglich machen.
- Finden von Investoren, die das Projekt mittragen